This post is also available in:
Immer wieder wird der 3D Druck damit beworben nachhaltig und umweltfreundlich zu sein. Dabei werden hier, vor allem beim FDM 3D Druck, hauptsächlich Kunststoffe verwendet. Nun passen aber Kunststoffe und Umweltfreundlichkeit bzw. Nachhaltigkeit nicht unbedingt gut zusammen. Stimmt es also wirklich, dass 3D Druck umweltfreundlich ist?
Wie umweltfreundlich ist FDM 3D Druck eigentlich? Durch den 3D Druck haben Privatanwender die Möglichkeit Ersatzteile selbst zu drucken. Das steigert die Lebensdauer der Produkte und vermeidet damit Müll. Andererseits können damit aber alle möglichen Dinge schnell und einfach gedruckt werden. Unabhängig von deren Sinnhaftigkeit. Das erzeugt wiederum Müll.
Wie unschwer zu erkennen ist, hat auch der 3D Druck, wie so vieles anderes, seine Vor- und Nachteile. Die Verwendung von 3D Druckern im Privatbereich bietet unglaubliches Potenzial hinsichtlich der Nachhaltigkeit. Gleichzeitig muss man sich aber auch der möglichen Konsequenzen bewusst sein.
Auch wenn ich immer im Laufe dieses Blogs immer wieder ganz allgemein vom 3D Druck spreche, so versuche ich mich mit meinen Aussagen hier so gut es geht auf den Privatanwenderbereich zu beziehen und hier im Speziellen auf den FDM 3D Druck. Auch wenn sich an der einen oder andere Stelle durchaus parallelen ergeben, sind auf industrieller Ebene auch noch ganz andere Faktoren zu berücksichtigen, die im Privatanwenderbereich keine große Rolle spielen.
Um bewerten zu können, ob und wenn ja, wie umweltfreundlich der 3D Druck ist, muss man verschiedenen Aspekte berücksichtigen. Darunter fallen unter anderem der Energieverbrauch, der Materialverbrauch bei der Herstellung und auch der daraus entstehende Abfall.
Wie hoch ist der Energieverbrauch beim FDM 3D Druck?
FDM 3D Drucker für den Privatgebrauch verbrauchen nur sehr wenig Strom. Der Stromverbrauch für einen PLA Druck mit einem Prusa Mini liegt bei ca. 0,8 kWh, was bei einem Strompreis von € 0,0637/kWh Kosten von weniger als
€ 0,01/Std. entspricht.
Das bedeutet, dass der 3D Druck teilweise weit weniger Strom verbraucht als so manches andere haushaltsübliche Gerät. Nähere Informationen zum Stromverbrauch und auch eine detaillierte Vergleichstabelle zu anderen Geräten kannst du im Artikel Verbrauchen 3D Drucker viel Strom nachlesen.
Wie hoch ist der Materialverbrauch beim FDM 3D Druck?
Der Materialverbrauch beim 3D Druck ist um ein Vielfaches geringer als bei anderen Herstellungsverfahren. Beim 3D Druck wird in den meisten Fällen nur jenes Material gedruckt, dass auch wirklich benötigt wird. Man beginnt auf der leeren Fläche ein Bauteil aufzubauen. Abhängig vom Design oder der Lage des Bauteils auf der Druckplattform kann es aber auch vorkommen, dass Stützmaterial gedruckt werden muss. Dieses wird nach dem Entfernen in den Müll geworfen.
Beim CNC Fräsen hingegen, wird das fertige Bauteil aus einem Materialblock, dem sogenannten Rohling, herausgefräst. Je nach Bauteilgröße wird dazu ein kleinerer oder größerer Rohling benötigt und es bleibt eine dementsprechende Menge des Materials als Abfall zurück.
Wie zuvor erwähnt, richtet sich der Materialverbrauch jedoch auch an das Design des Objekts. Wurde ein Objekt bewusst für die Fertigung mit dem 3D Drucker entworfen, kann man hier das volle Potenzial an Materialeinsparung herausholen. Wird ein für die CNC Fertigung entworfenes Teil mit dem 3D Drucker gedruckt, ist die Einsparung zwar auch noch gegeben, sie aber eher überschaubar groß. In diesem Artikel findest du eine Übersicht über die gängigen Design Regeln für den 3D Druck. Alternativ kannst du dir aber auch das Cheat Sheet mit allen Design Regeln kostenlos herunterladen.
Wie viel Abfall entsteht durch den FDM 3D Druck?
Wenn es zum Thema Abfall kommt, sollte man, ausgehend vom letzten Abschnitt, meinen, dass beim 3D Druck nur wenig Abfall anfällt. Das ist bis zu einem gewissen Grad auch richtig. Vor allem dann, wenn das Druckobjekt, wie oben beschrieben, für den 3D Druck entworfen und optimiert wurde und im Optimalfall kein oder nur sehr wenig Stützmaterial benötigt.
Wenn ich nun aber auf meine eigenen Projekte und Druckjobs aus den letzten Jahren zurückblicke, dann war da nur eine überschaubare Anzahl an Ausdrucken dabei, die man einfach mal nur gedruckt hat und dann war’s das. Ganz im Gegenteil.
Natürlich gab es viele Druckjobs über z.B. 3dhubs oder andere Plattformen, wo ich einfach nur ein Design gedruckt habe, und alles gepasst hat. Aber auch hier gab es manchmal Probleme. Sei es bedingt durch Probleme mit dem Drucker, dem Material, eine nicht optimale Konfiguration oder dass sich schlichtweg das Druckobjekt von der Druckplattform gelöst hat. Es waren oftmals zwei oder drei Ausdrucke notwendig. Eines davon war brauchbar und das bekam der Auftraggeber. Der Rest wanderte in den Müll.
Ich hatte auch das Vergnügen mit einigen Produktdesignern zusammenzuarbeiten oder auch ein Abschlussprojekt eines Masterlehrgangs zu begleiten. Nicht eines dieser Projekte war ein One Shot Projekt. Es waren immer mehrere Durchläufe im Zuge der Produktentwicklung notwendig. Und auch hier gab es zeitweise Fehldrucke, die man der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt lassen darf.
Und dann wären da noch die zahlreichen mehrfachen Ausdrucke, wenn man beginnt seine ersten eigenen Designs zu erstellen. Mangels Erfahrung macht man anfangs viele Fehler und übersieht sehr viele Dinge. Klar, wenn man Produktdesign bzw. CAD Design gelernt hat, sieht das sehr wahrscheinlich ein bisschen anders aus. Doch gerade beim 3D Druck gibt es, so wie es bei mir auch war, sehr viele Quereinsteiger, die von der Thematik Anfangs wenig bis keine Ahnung haben.
Die oben genannten zahlreichen Fehlproduktionen oder die verschiedenen Prototypen im Zuge einer Produktentwicklung betreffen nicht ausschließlich nur den 3D Druck. Das passiert auch beim Fräsen oder beim Spritzguss. Bei diesen Formen der Herstellung entsteht, bedingt durch das Produktionsverfahren, noch viel mehr Abfall.
Sind Fehldrucke und Filamentreste recyclebar?
Im Allgemeinen werden Filamente als recyclebar vermarktet, was im Grunde ja auch richtig ist. In der Praxis lässt sich das aber nur sehr schwer bzw. streng genommen gar nicht umsetzen, denn dazu müssten die Kunststoffe getrennt gesammelt werden. Aber genau das passiert so gut wie nirgendwo. Meines Wissens nach am Ehesten noch in kleinen Teilen Asiens. Da in unserer Kultur manchen Leuten aber sogar das Trennen von Papier und Restmüll zu anstrengend ist, wird das bei uns in den nächsten Jahrzehnten vermutlich eher nicht passieren.
Was kann man also mit den Fehldrucken und Filamentresten machen? Während der Zeit des 3D Druck Hypes Mitte der 10er Jahre, gab es erste Projekte zum Recyclen von Filamentresten. Sogenannte Filamentextruder. Die Idee dahinter ist sehr einfach. Man verwendet eine abgewandelte Form des 3D Druck Prozesses. Die Filamentreste werden gehäckselt, geschmolzen, durch eine Düse extrudiert und auf eine Rolle aufgewickelt.
Diese Filamentextruder gibt es auch heute noch, jedoch kosten diese Maschinen meistens mehrere Tausend Euro und sind damit für den Privatgebraucht unrentabel. Die billigste und damit noch am Ehesten für den Privatgebraucht geeignete Maschine gibt es von Filastruder. Aber auch dieser Filamentextruder kostet inkl. allem benötigten Zubehör in etwa €500,-.
Trotz der Tatsache, dass viele Filamenthersteller und Händler mittlerweile auch recyceltes Filament anbieten, gibt es in diesem Bereich leider so gut wie keinen Dienstleister, der ein Recyclingservice anbietet. Filabot, einer der Hersteller von Filamentextrudern, bietet Rücksendeboxen für fehlerhafte Drucke und Filamentreste an, aber leider nur in Amerika. Im europäischen Raum ist mir aktuell nur die Recyclingfabrik und Ahrtech bekannt. Dort kann man Filamentreste und Fehldrucke einsenden und diese werden entweder zu Produkten bzw. zu neuen Filamentrollen verarbeitet. Es ist aber nicht so, dass du für deine eingesendeten Reste und Abfälle dein eigenes Filament bekommst. Du bekommst je nach Menge und Qualität des eingesendeten Materials eine Gutschrift für den Kauf einer Rolle Recycling Filament. Das ist jetzt natürlich nicht dasselbe, wie wenn du ein Filament aus deinen eigenen Filamentabfällen bekommst, aber du bist zumindest deine Filamentabfälle los und bekommst anderes Filament günstiger. Und letztendlich geht es dabei ja auch darum, einen kleinen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.
Kann 3D Druck noch umweltfreundlicher oder nachhaltiger werden?
Wie eingangs erwähnt, würde der 3D Druck Privatanwendern die Möglichkeit bieten, eigene Ersatzteile zu drucken und damit die Lebensdauer von Möbeln oder anderen Gegenständen teilweise signifikant zu verlängern. Das ist ein guter Anfang und ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es wäre aber noch mehr möglich, wenn von Seiten der Industrie Druckvorlagen für diese Ersatzteile zur Verfügung gestellt würden. Aber genau das passiert nicht, denn auf Seiten der Industrie gibt es völlig konträre Interessen. Dort ist man darauf bedacht, so viel Umsatz wie möglich zu machen. Hier besteht momentan kein Interesse und es gibt auch leider keine Notwendigkeit umzudenken, da es auch keinerlei gesetzliche Vorgaben dazu gibt.
Es gibt aber einige wenige, die hier als Vorreiter unterwegs sind und Ersatzteile oder auch zusätzliche Gegenstände für ihre Produkte zum selbst Drucken zur Verfügung stellen. Und das auch noch kostenlos. Als Beispiel ist hier Miele mit seinen kostenlosen Druckvorlagen für Staubsaugeraufsätze zu nennen. In eingeschränktem Maße zählt zu diesen Unternehmen auch IKEA. Dort gibt es ebenfalls kostenlose Druckvorlagen für z.B. Türgriffe oder anderes Zubehör für körperlich beeinträchtigte Personen. Leider hört IKEA hier jedoch auf, obwohl gerade hier noch so viel mehr möglich wäre.
Kurz gesagt, es gibt sie also doch. Die moralisch denkenden oder innovativen Unternehmen. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich viele andere Unternehmen daran ein Beispiel nehmen und sich dieser Initiative anschließen.
Bis dahin kann man versuchen auf diversen Plattformen wie z.B. thingiverse oder myminifactory ein passendes Ersatzteil zu finden. Alternativ kann man auch versuchen das Teil selbst zu entwerfen. Aber nicht jeder hat Lust dazu sich in eine komplett neue Software einzuarbeiten, um dann z.B. einen Montagewinkel für ein Möbelstück zu entwerfen. Einfach mal schnell jemanden dazu beauftragen so ein Teil zu entwerfen, ist zwar grundsätzlich möglich, aber man begeht hier sehr schnell Urheberrechtsverletzung und das kann im schlimmsten Fall teuer werden.
Fazit
Die Frage, ob der 3D Druck wirklich umweltfreundlich ist, kann glaube ich, durchaus mit ja beantwortet werden. Bereits jetzt ist der 3D Druck umweltfreundlicher als andere vergleichbare Fertigungsmethoden. Nichtsdestotrotz muss man auch festhalten, dass noch viel mehr möglich wäre, wenn auch auf Seiten der Industrie ein Umdenken stattfindet und man den Leuten die Möglichkeit gibt Ersatzteile selbst zu drucken bzw. von jemanden drucken zu lassen.